Der Bürger ist pleite, seine Ideale wehen zerfetzt in allen Winden, nur seine Parvenüansprüche sind geblieben. Bei Wagner ist nicht nur das ganze Inventar des nationalistischen Schwertglaubens enthalten, sondern auch, immer neu variiert, die angenehme Vorstellung, von allen Übeln erlöst zu werden, ohne daß man dafür etwas zu tun braucht. Es erübrigt sich, näher auszuführen, was für eine Rolle in Deutschland der Wunderglaube spielt und das Verlangen nach einem Hexenmeister, der mit einem Hokuspokus Verschwindibus alle Kalamitäten für ewig beseitigt.
[…] Zum zweitenmal soll aus Deutschland eine Wagner-Oper
werden, Siegmund und Sieglinde, Wotan, Hunding, Alberich und
der ganze Walkürenchor und die Rheintöchter dazu sind –
Heiajaheia!
Wallalaleia heiajahei!
über Nacht hereingebrochen mit der Forderung, über Leiber und
Seelen zu herrschen. Die künstlerische Seite dieses Programms
billigen wir nicht, denn wir glauben in Wagner nicht die deutsche
Musik erschöpft, wir glauben sie bei andern Meistern echter und
tiefer zu finden; wir sehen in Wagners Werk vornehmlich eine
künstliche Fontäne in buntem Scheinwerferlicht und keinen
reinen natürlichen Quell – aber das ist Sache des
Kunstgeschmacks, also Privatsache. Die andre Seite dieses
Programms ist es dagegen nicht. Wir werden also etwas
unternehmen müssen, da nicht zu erwarten ist, daß eine reine
Jungfrau, um uns zu erlösen, ins Wasser springt.