“… Ruskin's „Unto This Last“.

Es war unmöglich, das Buch wegzulegen, nachdem ich es einmal begonnen hatte. Es fesselte mich. Von Johannesburg bis Durban war es eine Reise von vierundzwanzig Stunden. Der Zug kam abends dort an. Ich konnte in dieser Nacht keinen Schlaf finden. Ich beschloss, mein Leben nach den Idealen des Buches zu ändern.

Dies war das erste Buch Ruskins, das ich je gelesen hatte. Während meiner Schulzeit hatte ich praktisch nichts außer Leitfäden gelesen; und nachdem ich mich ins aktive Leben gestürzt hatte, behielt ich zum Lesen nur sehr wenig Zeit. Ich kann mich deshalb nicht vielen Buchwissens rühmen. Ich glaube jedoch nicht, dass ich durch diese erzwungene Beschränkung viel verloren habe. Im Gegenteil darf ich behaupten, dass gerade die eingeschränkte Lektüre mich befähigt hat, das, was ich las, mir durchaus anzueignen. Von diesen Büchern war das einzige, das auf der Stelle eine praktische Veränderung in meinem Leben hervorbrachte: „Unto This Last“. Ich übersetzte es später in meine Sprache Gujarati unter dem Titel: Sarvodaya, „Wohl für alle“.

Ich glaube, einige meiner tiefsten Überzeugungen in diesem großen Buch Ruskins wiedergefunden zu haben; und deshalb fesselte es mich so und brachte in meinem Leben eine Wandlung hervor. Dichter ist, wer das in der Menschenbrust schlummernde Gute aufzuwecken vermag. Dichter beeinflussen nicht alle gleichermaßen, denn nicht jeder ist in gleicher Weise entwickelt.

Als Lehren von John Ruskin's Buch "Diesem Letzten" (Unto This Last) verstand ich:

1. daß das Wohl des Einzelmenschen im Wohle aller enthalten ist;

2. daß die Arbeit eines Juristen ebenso wertvoll ist wie die eines Friseurs, insofern alle den gleichen Anspruch haben, durch ihre Arbeit ihren Lebensunterhalt zu verdienen;

3. daß das Leben der Arbeit, das bedeutet das Leben eines Ackerbauern und eines Handwerkers, das lebenswerte Leben ist.

Die erste dieser Lehren kannte ich. Die zweite hatte ich kaum verstanden. Die dritte war mir noch nie vorgekommen. „Diesem Letzten“ (Unto This Last) verdeutlichte mir so klar wie der Tag, dass die zweite und dritte Lehre in der ersten enthalten waren. Ich erhob mich bei Tagesanbruch mit dem Entschluss, diese Grundsätze in die Praxis umzusetzen."

(M.K. Gandhi: EINE AUTOBIOGRAPHIE oder Die Geschichte meiner Experimente mit der Wahrheit - Kapitel 95, Der magische Zauber eines Buches - Ahmedabad, 1925 - 1928)