Der Optimist: Die Entwicklung der Waffe bis zu Gas, Tank, Unterseeboot und 120 Kilometer-Kanone hat es so weit gebracht —

Der Nörgler: — daß die Armee wegen Feigheit vor dem Feind aus dem Armeeverband zu entlassen wäre. Aus dem militärischen Ehrbegriff heraus müßte die Welt für alle Zeit zum Frieden gelangen. Denn was die Eingebung eines Chemikers, die doch schon die Wissenschaft entehrt, mit der Tapferkeit zu tun haben soll und wie der Schlachtenruhm sich einer chlorreichen Offensive verdanken kann, ohne im eigenen Gas der Schande zu ersticken, das ist das einzige, was noch unerfindlich ist.

Der Optimist: Aber ist es denn nicht gleichgiltig, welche Waffe den Tod bringt? Bis wohin gehen Sie in der technischen Entwicklung der Waffe noch mit?

Der Nörgler: Keinen Schritt weit, aber wenn's denn sein muß, bis zur Armbrust. Natürlich ist es für eine Menschheit, die es fürs Leben unerläßlich findet, einander zu töten, gleichgiltig, wie sie's besorgt, und der Massenmord praktischer. Aber ihr romantisches Bedürfnis wird von der technischen Entwicklung enttäuscht. Es sucht seine Befriedigung doch nur in der Auseinandersetzung von Mann zu Mann. Der Mut, der dem Mann mit der Waffe zuwächst, mag auch der Quantität gewachsen sein; er entartet zur Feigheit, wenn der Mann für die Quantität nicht mehr sichtbar ist. Und er wird vollends zur Erbärmlichkeit, wenn auch für den Mann die Quantität nicht mehr sichtbar ist. So weit halten wir. Aber es wird, in jenem Ratschluß des Teufels, der in Laboratorien erforschlich ist, noch weiter kommen. Tanks und Gase werden, nachdem sich die Gegner darin einander unaufhörlich übertroffen haben, den Bakterien das Feld räumen und man wird dem erlösenden Gedanken nicht mehr wehren, die Seuchen statt wie bisher nur als Folgeerscheinungen des Kriegs gleich als Kriegsmittel zu verwenden. Da aber die Menschen selbst dann der romantischen Vorwände für ihre Schlechtigkeit nicht werden entraten können, so wird der Befehlshaber, dessen Pläne der Bakteriologe ins Werk setzt wie heute der Chemiker, noch immer eine Uniform tragen. Den Deutschen dürfte der Ruhm der Erfindung, den andern die Schurkerei der Vervollkommnung zuzuschreiben sein, oder auch umgekehrt — wie es Ihnen hoffnungsvoller scheint.

 

Getöteter Italiener am Monte Spiel.
Dolomitenfront, Veneto, Grenze zum Trentino.
30. Januar 1918

Die Beschriftung des Gasmaskenbehälters lautet:
„Wer die Maske abnimmt, stirbt.“