Eine Bevölkerung von zwölftausend „Christen der Weltbruderschaft“, wie die im Kaukasus lebenden Duchoborzen sich nennen, befindet sich gegenwärtig in einer entsetzlichen Lage. Auch wenn man sich nicht in eine Erörterung darüber einlässt, wer recht hat: Regierungen, die das Christentum mit Gefängnissen, Hinrichtungen und vor allem mit Kriegen und Kriegsvorbereitungen für vereinbar halten, oder die Duchoborzen, die das christliche Gebot als für sich verbindlich ansehen, welches jegliche Gewalt und erst recht den Mord ablehnt, und die daher den Kriegsdienst verweigern – muss man erkennen, dass dieser Widerspruch sehr schwer zu lösen ist: Keine Regierung kann dulden, dass sich Menschen Verpflichtungen entziehen, die von allen zu erfüllen sind, und auf diese Weise die Grundfesten der Staatlichkeit erschüttern; die Duchoborzen wiederum können ihrerseits nicht dem Gebot untreu werden, das sie als göttlich und daher für ihr Leben verbindlich betrachten.
Appeal on Behalf of the Doukhobors (March 19, 1898)
Leo Nikolayevich Tolstoy
(1828-1910)